Schockraumtraining am KBR

Workshop Polytrauma bereitete auf Notfälle vor

Ende letzten Jahres fand ein umfangreicher Workshop über die Behandlung von Polytrauma-Notfällen vor. Für diesen Workshop hatte Dr. Klaus Reichstein, Chefarzt der Unfallchirurgie, als Workshopleiter Dr. Bernward Steinhorst gewonnen und gemeinsam mit ihm einen komplexen Schulungstag auf die Beine gestellt.

Von 7 Uhr morgens bis 14 Uhr nachmittags kamen etwa 50 Mitarbeitende aus der Unfallchirurgie, Anästhesie, Notfallmedizin, Allgemeinchirurgie, Anästhesiepflege und Zentraler Notaufnahme zusammen. In vier Gruppen aufgeteilt, durchliefen sie vier Stationen im Skills Lab der Anästhesie und in einem extra dafür reservierten Schockraum. Dabei orientierten sie sich am ABCDE-Schema, das eine Reihenfolge für die Untersuchung und Versorgung von kritischen Patient/innen vorgibt:

A  Airways = Atemwege
B  Breathing = Atmung
C  Circulation = Kreislauf
D  Disability = neurologisches Defizit
E  Exposure/Environment = Exploration

Zuallererst muss sichergestellt werden, dass die verletzte Person überhaupt Luft in den Körper bekommen kann. Als nächstes muss der eingeatmete Sauerstoff auch die Möglichkeit haben, in der Lunge aufgenommen und auf das Blut übertragen zu werden. Und der Kreislauf muss so gut funktionieren, dass das Blut diesen Sauerstoff auch im Körper verteilen kann. Erst danach wird auf weitere Verletzungen eingegangen.

Daher standen im Workshop die Punkte Atemwege, Atmung und Kreislauf im Vordergrund. An den einzelnen Stationen konnten alle Teilnehmenden, ganz unabhängig von ihren Aufgaben im Berufsalltag, auch alles ausprobieren. So gab es für viele ganz neue Erkenntnisse über die Zusammenarbeit: Wie sieht die Situation aus dem Blickwinkel der Kollegen und Kolleginnen aus, was benötigen sie von mir und was behindert sie vielleicht, wo sind die speziellen Herausforderungen? Zur Übung standen die Skills Lab Puppen und Modelle, aber auch Schweinehälften und simulierte Patient/innen zur Verfügung. So konnten die notwendigen Abläufe ganz praktisch ausprobiert und geübt werden.

Die simulierten Patienten und Patientinnen waren für den Workshop das größte Highlight. Freiwillige von den Johannitern Oldenburg wurden nach den Vorgaben von Dr. Steinhorst geschminkt und eingewiesen, damit sie realistisch aussahen und sich wie echte Verletzte verhalten; inklusive Schreien, Stöhnen und verwirrter Widerstand. Auch die Feuerwehr Bremerhaven hat mitgemacht: Sie hat die gespielten Verletzten ganz wie im echten Notfall angeliefert, damit die Lernsituation im Schulungs-Schockraum für die Teilnehmenden von Anfang bis Ende echt war.

Um sich auf die Inhalte des Workshops vorzubereiten, gab es für die Teilnehmenden im Vorfeld zwei Vorträge: Zum einen über Acute Trauma Life Support (ATLS) und zum anderen über Crew Resource Management (Schockraummanagement). ATLS ist ein Fortbildungskonzept, das standardisierte diagnostische und therapeutische Handlungsabläufe in der frühen innerklinischen Erstversorgung von schwerverletzten Patient/innen im Schockraum definiert. Dazu gehört das Schockraummanagement mit der anspruchsvollen Rolle als Schockraumleader; so nennt man den leitenden Arzt bzw. die leitende Ärztin im Schockraum. Er/sie koordiniert nach der Übergabe durch den Rettungsdienst die Behandlung und ist für die weitere Maßnahmenplanung im Schockraum verantwortlich. Dabei muss ein Schockraum­leader den Überblick über die gesamte Situation haben und die Aktivitäten von u.U. zehn und mehr Personen gleichzeitig im Auge behalten. Da lohnt es sich, dies immer vorab zu üben, bevor der Stress des echten Notfalls hinzukommt!

Jede Gruppe hat an dem Workshop-Tag alle vier Stationen durchlaufen, stets gefolgt von einer gruppeninternen Nachbesprechung. Hier gab es hilfreiches Feedback über Dinge, die gut waren, und Dinge, die noch verbessert werden könnten, zum Beispiel zur Leistung als Schockraumleader. Die Abschlussrunde aller Teilnehmenden mündete dann in ein gemeinsames Mittagessen bei Erbsensuppe in der Cafeteria. Dieser Ausklang mit gemeinschaftlichem Herunterfahren und Stress-Abbauen kam bei den Teilnehmenden gut an: Man konnte die entstandene Verbundenheit bekräftigen.

Im Nachgang zu dem Workshop gab es von den Mitarbeitenden bereits die Rückmeldung, dass sie beim Umgang mit den darauffolgenden Notfällen einen deutlichen, positiven Unterschied in der Zusammenarbeit festgestellt haben. Daher befindet sich ein weiterer Workshop zum Schocktraumtraining bereits in Planung – insbesondere auch für diejenigen, die beim ersten Mal nicht dabei sein wollten oder konnten.

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