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Minimalinvasiv dank präziser Bildsteuerung
Die interventionelle Neuroradiologie ist ein hochspezialisiertes Teilgebiet der Radiologie, das minimalinvasive Behandlungen von Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks sowie der hirnversorgenden Gefäße ermöglicht. Statt eines operativen Eingriffs erfolgt die Therapie über feine Katheter, die unter präziser Bildsteuerung millimetergenau an das betroffene Areal im Körperinneren geführt werden. Der Zugang erfolgt dabei meist über eine kleine Punktionsstelle in der Leiste oder am Handgelenk, ohne dass ein chirurgischer Schnitt notwendig ist.
Zu den häufig behandelten Krankheitsbildern gehören Aneurysmen (Gefäßaussackungen), arteriovenöse Malformationen, Gefäßverengungen (Stenosen), akute Schlaganfälle durch Gefäßverschlüsse sowie tumorversorgende Gefäße, die vor neurochirurgischen Eingriffen gezielt verschlossen werden können.
Schwerpunkte in der Interventionellen Neuroradiologie
Die Interventionelle Neuroradiologie umfasst die minimalinvasive (gering in den Körper eingreifende) Behandlung von Erkrankungen des Gehirns und der Wirbelsäule:
Die enge Zusammenarbeit mit den Fachdisziplinen der Neurologie, Neurochirurgie und Intensivmedizin gewährleistet eine ganzheitliche und individuell angepasste Therapie auf höchstem Niveau. In unserer Abteilung steht Ihnen ein erfahrenes und interdisziplinär arbeitendes Team zur Seite, das sämtliche interventionell-neuroradiologischen Verfahren anbietet und routiniert beherrscht – von der akuten Schlaganfallbehandlung bis zu komplexen Eingriffen an Gefäßmissbildungen.
Als integraler Teil eines Neurozentrums mit hoher Fallzahl und einer überregional zertifizierter Schlaganfallstation verfügen wir über eine besonders breite klinische Erfahrung. Unsere aktive Mitwirkung an internationalen Studien und wissenschaftlichen Projekten trägt dazu bei, dass wir auch neueste Verfahren frühzeitig anwenden und mitgestalten können. Diese umfassende Expertise ermöglicht es uns, bei Bedarf auf ein großes Repertoire bewährter und innovativer Techniken zurückzugreifen, um auch anspruchsvolle oder seltene Krankheitsbilder individuell und wirkungsvoll zu behandeln.
Die Vorteile dieser modernen Behandlungsmethoden liegen in ihrer hohen Präzision und Schonung des Gewebes. Patientinnen und Patienten profitieren von kürzeren Erholungszeiten, geringeren Risiken und oft einem deutlich verkürzten Krankenhausaufenthalt. Unser Ziel ist es, für jeden Patienten und jede Patientin individuell die sicherste, effektivste und schonendste Therapie anzubieten, abgestimmt und auf dem aktuellen Stand der medizinischen Forschung.
Cerebrale Angiographie
Die cerebrale Angiographie ist ein spezielles Röntgenverfahren, mit dem die Blutgefäße im Gehirn genau dargestellt werden können. Man nutzt dabei ein Kontrastmittel, das über einen Katheter in die Arterien eingespritzt wird. So lassen sich Veränderungen an den Gefäßen sichtbar machen, wie zum Beispiel Aussackungen (Aneurysmen), Engstellen (Stenosen) oder Gefäßfehlbildungen.
Diese Untersuchung ist wichtig, wenn es Hinweise auf Gefäßerkrankungen im Gehirn gibt – etwa nach einer Hirnblutung, bei Verdacht auf ein Aneurysma, bei Gefäßmissbildungen oder zur Vorbereitung auf eine Behandlung. Auch bei bestimmten Tumoren oder zur Abklärung von Schlaganfällen kann sie notwendig sein.
Ein dünner Katheter wird meist über die Leiste oder das Handgelenk in eine Arterie eingeführt und bis zu den hirnversorgenden Gefäßen vorgeschoben. Danach wird Kontrastmittel eingespritzt, während Röntgenbilder aufgenommen werden. Die Untersuchung dauert etwa 10 bis 30 Minuten und erfolgt in örtlicher Betäubung und leichter Beruhigung.
Die Untersuchung ist sicher, birgt aber wie jeder Eingriff geringe Risiken: Blutergüsse an der Einstichstelle, sehr selten allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel oder vorübergehende Durchblutungsstörungen. Vorab wird geprüft, ob Nieren- oder Schilddrüsenprobleme vorliegen.
Falls bei der Untersuchung eine Gefäßveränderung festgestellt wird, kann diese im kurzfristigen Verlauf unter Vollnarkose behandelt werden:
- Aneurysmen können mit kleinen Spiralen („Coils“) verschlossen werden.
- Fehlbildungen oder tumorversorgende Gefäße können durch eine gezielte Verödung verschlossen werden.
- Engstellen können mit einem Ballon aufgedehnt und mit einem Stent offengehalten werden.
Schlaganfallbehandlung: Die Thrombektomie
Bei einem Schlaganfall wird ein Blutgefäß im Gehirn durch ein Gerinnsel verstopft – das Gehirn bekommt dann in diesem Bereich keinen Sauerstoff mehr. Die Thrombektomie ist ein modernes Verfahren, bei dem das Gerinnsel durch einen Katheter mechanisch entfernt wird. Dadurch kann die Durchblutung schnell wiederhergestellt werden.
Typische Anzeichen sind plötzlich auftretende Lähmungen (meist auf einer Körperseite), Sprachstörungen, Sehstörungen, Schwindel oder Bewusstseinsveränderungen. In solchen Fällen zählt jede Minute.
FAST: Die gängige Eselsbrücke für Schlaganfallsymptome ist FAST (Face, Arms, Speech, Time). Diese Akronyme helfen, plötzliche Anzeichen eines Schlaganfalls zu erkennen, indem sie eine schnelle Prüfung von Gesicht, Armen und Sprache ermöglichen und zur sofortigen Alarmierung des Rettungsdienstes unter der Nummer 112 auffordern.
Ein Katheter wird über die Leiste oder das Handgelenk bis zur betroffenen Hirnarterie geführt. Mit einem feinen Drahtgeflecht (Stent-Retriever) oder einem Saugkatheter wird das Blutgerinnsel entfernt. Oft geschieht dies zusätzlich zur medikamentösen Auflösung des Gerinnsels (Lysetherapie), wenn die Zeit es erlaubt.
Diese Therapie ist besonders bei Verschlüssen großer Hirnarterien wirksam, zum Beispiel der mittleren Hirnarterie oder der Halsschlagader. Sie kann in einem Zeitfenster von bis zu 24 Stunden sinnvoll sein, abhängig vom Ausmaß des Schadens und der Bildgebung.
Die Thrombektomie kann Leben retten und schwere Behinderungen verhindern. Viele Patientinnen und Patienten haben nach erfolgreicher Behandlung deutlich weniger neurologische Einschränkungen oder erholen sich sogar vollständig.
Links: Die mittlere Hirnarterie ist durch ein Blutgerinnsel verstopft.
Rechts: Nach Rekanalisation mit Zugang über die Leiste wurde das Blutgerinnsel entfernt. Die Durchblutung des Gehirns ist wiederhergestellt.
Stenting der hals- oder hirnversorgenden Arterien
Engstellen in den hirnversorgenden Arterien zum Beispiel der Halsschlagader (A. carotis) oder im Gehirn selbst können zu Durchblutungsstörungen oder sogar zu Schlaganfällen führen. Diese Engstellen entstehen meist durch Ablagerungen in der Gefäßwand (Arteriosklerose). Wenn sie ausgeprägt oder bereits symptomatisch sind, kann eine Behandlung notwendig sein.
Warnzeichen sind flüchtige Sehstörungen („wie ein Rollladen“), kurze Sprachstörungen oder ein Taubheitsgefühl in Armen oder Beinen – sogenannte transitorische ischämische Attacken (TIAs). Auch ein voll ausgeprägter Schlaganfall kann durch solche Engstellen ausgelöst werden.
Mit Ultraschall, CT-Angiographie oder MRT kann die Engstelle sichtbar gemacht werden. Die genaue Darstellung erfolgt oft mit einer Katheteruntersuchung (Angiographie).
Wenn die Verengung an der Halsschlagader liegt, kann ein Stent über einen Katheter eingebracht werden, der das Gefäß wieder offenhält. Alternativ ist eine Operation sinnvoll (Ausschälung der Engstelle).
Bei Engstellen im Gehirn kann ebenfalls ein Katheter mit Ballon und Stent eingesetzt werden, um das Gefäß zu rekonstruieren und eine gute Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen.
Vor und nach dem Eingriff ist zeitweise eine Blutverdünnung mit zwei Medikamenten (z.B. ASS und Clopidogrel oder Ticagrelor) notwendig, um eine Thrombose zu verhindern. Langfristig ist eine gute Kontrolle der Risikofaktoren (Blutdruck, Cholesterin, Nikotinverzicht) entscheidend.
Links: Höchstgradige Einengung der Halsschlagader vor der Behandlung
Rechts: Gute Gefäßrekonstruktion. Nach Stentimplantation ist der ursprüngliche Gefäßdurchmesser wiederhergestellt.
Intrakranielles Aneurysma
Ein intrakranielles Aneurysma ist eine sackartige Erweiterung einer Arterie im Gehirn, die durch eine Schwäche der Gefäßwand entsteht. Solche Aussackungen entstehen bevorzugt an Gefäßgabelungen, besonders häufig im Bereich der vorderen Hirnbasis oder an der mittleren Hirnarterie. Das Aneurysma füllt sich mit Blut und steht unter Druck. Die größte Gefahr: Wenn die Gefäßwand reißt, kann es zu einer akuten, oft lebensbedrohlichen Hirnblutung kommen, der sogenannten Subarachnoidalblutung.
In vielen Fällen bleibt ein Aneurysma über Jahre hinweg unbemerkt und verursacht keine Beschwerden. Gelegentlich kann es jedoch durch Druck auf benachbarte Hirnstrukturen zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen oder neurologischen Ausfällen kommen. Wenn ein Aneurysma reißt, erleben Betroffene typischerweise einen plötzlich einschießenden, extrem starken Kopfschmerz, den viele als „Vernichtungskopfschmerz“ beschreiben. Häufig treten dann zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, Nackensteifigkeit, Bewusstseinsstörungen oder sogar Krampfanfälle auf. Ein solcher Zustand ist ein absoluter Notfall und erfordert eine sofortige klinische Versorgung.
Hirnaneurysmen entstehen häufig auf Basis einer angeborenen Schwäche in der Gefäßwand. Auch bestimmte genetische Erkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder eine polyzystische Nierenerkrankung können die Entstehung begünstigen. Wichtige Risikofaktoren im Laufe des Lebens sind hoher Blutdruck, das Rauchen von Zigaretten, übermäßiger Alkoholkonsum und Drogen wie Kokain. In manchen Familien treten Aneurysmen gehäuft auf, eine genetische Komponente ist also möglich.
Besteht der Verdacht auf ein Aneurysma, kommen verschiedene bildgebende Verfahren zum Einsatz. Die Magnetresonanztomographie (MRT) oder die Computertomographie (CT) mit Angiographie (MRA bzw. CTA) geben erste Hinweise auf Lage und Größe. Für eine präzise Beurteilung und zur Therapieplanung ist jedoch die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) notwendig. Sie gilt als Goldstandard in der Gefäßdarstellung und ermöglicht es uns, das Aneurysma in hoher Detailgenauigkeit darzustellen – inklusive des Blutflusses und der Gefäßarchitektur.
Nicht jedes Aneurysma muss sofort behandelt werden. Die Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab – unter anderem von Größe, Form, Lage, dem allgemeinen Gesundheitszustand und dem individuellen Blutungsrisiko. Zwei etablierte Behandlungsverfahren stehen zur Verfügung: das endovaskuläre Coiling und das neurochirurgische Clipping.
1. Endovaskuläres Coiling (unsere Spezialisierung)
Beim Coiling wird über einen kleinen Zugang in der Leiste ein dünner Katheter bis in das betroffene Gefäß im Gehirn vorgeschoben. Dort werden weiche Platinspiralen (sogenannte Coils) in das Aneurysma eingebracht, die es von innen auffüllen und verschließen. Das Blut kann dadurch nicht mehr in die Ausbuchtung eindringen, das Risiko eines Platzens sinkt erheblich. Manchmal wird zusätzlich ein Stent oder ein sogenannter Flow-Diverter eingesetzt, um den Blutfluss in der Hirnarterie zu stabilisieren. Das Verfahren erfolgt minimalinvasiv, in Vollnarkose, über die Leistenarterie und ohne Schädelöffnung. Der Krankenhausaufenthalt ist meist nur wenige Tage lang.
2. Neurochirurgisches Clipping
Bei bestimmten Aneurysmaformen, etwa wenn sie schwer zugänglich für Katheter sind, kommt ein chirurgischer Eingriff infrage. Dabei wird der Schädel geöffnet, das Aneurysma freigelegt und mit einer kleinen Metallklammer (Clip) dauerhaft verschlossen. Diese Operation erfolgt durch unsere Kolleginnen und Kollegen der Neurochirurgie. Mit ihnen besprechen wir auch im Rahmen einer interdisziplinären Fallkonferenz, welche Verfahren am besten geeignet sind.
3. Kontrolliertes Beobachten (Watchful Waiting)
Kleine, unauffällige Aneurysmen mit niedrigem Risiko können unter engmaschiger Kontrolle belassen werden. In diesen Fällen empfehlen wir regelmäßige bildgebende Nachuntersuchungen.
Warum sind Sie bei uns in besten Händen?
Unsere Klinik für Radiologie und Neuroradiologie am Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide verfügt über langjährige Erfahrung in der Diagnostik und Behandlung von Hirnaneurysmen. Als Schwerpunktzentrum für interventionelle Neuroradiologie stehen wir rund um die Uhr für Notfallbehandlungen etwa bei akuten Aneurysmablutungen zur Verfügung. Die Eingriffe erfolgen in enger Zusammenarbeit mit Anästhesie, Neurochirurgie und Intensivmedizin. Unser interdisziplinäres Team betreut Sie persönlich von der ersten Diagnose bis zur Nachsorge persönlich.
„Tickende Zeitbombe im Kopf“ (PDF)
Presseartikel aus der Nordsee-Zeitung (8.12.2023) zu neuen Behandlungsmethoden bei Hirnaneurysmen am KBR
Links: Aneurysma bzw. Gefäßaussackung der rechten Halsschlagader
Mitte: Das Aneurysma wird durch Coils ausgestopft. Der Ballon dient temporär der Stabilisierung und dem Schutz des gesunden Gefäßes.
Rechts: Nach Coiling ist das Aneurysma nicht mehr kontrastiert bzw. nicht mehr durchblutet.
Arterio-venöse Malformationen
Eine zerebrale arteriovenöse Malformation (AVM) ist eine angeborene Fehlbildung der Blutgefäße im Gehirn. Normalerweise fließt das Blut von Arterien über feine Kapillaren in die Venen. Bei einer AVM fehlt dieses Kapillarnetz. Stattdessen besteht eine direkte Verbindung zwischen Arterie und Vene – ein sogenannter Kurzschluss. Dadurch ist der Blutfluss beschleunigt und der Druck in den venösen Gefäßen ungewöhnlich hoch. Die größte Gefahr besteht darin, dass die AVM platzt und es zu einer Hirnblutung kommt.
Die AVM besteht meist aus einem zentralen Gefäßknäuel – dem sogenannten Nidus – mit zuführenden Arterien und drainierenden Venen. Viele AVMs bleiben zunächst symptomlos und werden zufällig entdeckt. Wenn Symptome auftreten, können sie sehr unterschiedlich sein: Kopfschmerzen, epileptische Anfälle, Sprach- oder Sehstörungen, Lähmungen oder andere neurologische Ausfälle. Besonders gefährlich ist eine plötzliche Blutung, die häufig bei jungen Erwachsenen auftritt und oft das erste Anzeichen der Erkrankung ist.
AVMs entstehen bereits während der Embryonalentwicklung und sind daher angeboren. Sie treten meist sporadisch auf und sind in der Regel nicht erblich. Nur in seltenen Fällen sind sie Teil genetischer Syndrome, wie beispielsweise beim Morbus Osler (hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie).
Zur Diagnose nutzen wir moderne Bildgebung, insbesondere die Magnetresonanztomographie (MRT) mit Angiographie. Zur exakten Darstellung der Gefäßarchitektur und zur Planung der Behandlung ist eine digitale Subtraktionsangiographie (DSA) jedoch unerlässlich. Sie zeigt die zuführenden Arterien, das venöse Abflusssystem sowie die genaue Lage und Größe der AVM – alles entscheidende Faktoren für die Wahl der geeigneten Therapie.
Ziel der Behandlung ist es, die AVM vollständig auszuschalten, um das Risiko einer Blutung dauerhaft zu senken. Die geeignete Therapie hängt von der Größe, Lage und Funktion der betroffenen Hirnregion ab.
Mögliche Behandlungsoptionen sind:
- Endovaskuläre Embolisation: Über einen Mikrokatheter wird ein flüssiges Embolisat in die AVM eingespritzt, um sie gezielt zu verschließen. Diese Methode kann unter Umständen auch als Vorbereitung für eine Operation oder Radiochirurgie eingesetzt werden.
- Chirurgische Entfernung: Wenn die AVM gut zugänglich ist und keine wichtigen Hirnareale betrifft, kann sie operativ entfernt werden.
- Radiochirurgie (z.B. Gamma Knife): Hierbei handelt es sich um eine hochpräzise Strahlenbehandlung, die dazu führt, dass sich die AVM im Verlauf von Monaten bis Jahren vernarbt und verschließt.
In unserem Institut arbeiten wir interdisziplinär mit Neurochirurgie und Strahlentherapie zusammen, um für alle Patientinnen und Patienten die individuell beste Lösung zu finden.
Links: Gefäßkonvulut bei krankhaften Fehlverbindungen zwischen Arterie und Vene.
Mitte: Nach Embolisation ist die krankhafte Gefäßformation mit Flüssigembolisat ausgefüllt.
Rechts: In der Abschlussdarstellung ist das krankhafte Gefäßnetzwerk verschlossen und nicht mehr kontrastiert bzw. durchblutet. Zur Darstellung kommen nur die gesunden Hirnarterien.
Durale arteriovenöse Fisteln (dAVF)
Eine durale arteriovenöse Fistel (dAVF) ist eine erworbene Gefäßverbindung zwischen einer Arterie und einer Vene im Bereich der harten Hirnhaut, der sogenannten Dura mater. Anders als bei einer AVM ist diese Verbindung nicht angeboren, sondern entwickelt sich meist im Laufe des Lebens, zum Beispiel nach einer Hirnvenenthrombose, einem Schädeltrauma oder manchmal ohne erkennbare Ursache.
Bei einer dAVF fließt arterielles Blut direkt in ein venöses Gefäß, häufig in einen venösen Sinus. Dadurch kann es zu einem Rückstau des Blutes kommen – besonders gefährlich wird es, wenn das Blut in tiefere Hirnvenen zurückgedrängt wird. In diesen Fällen besteht ein hohes Risiko für Hirnödeme, Krampfanfälle und Blutungen.
Die Beschwerden hängen stark von der Lage der Fistel und vom venösen Abflussmuster ab. Typische Symptome sind:
- Ohrgeräusche im Takt des Herzschlags (pulssynchroner Tinnitus)
- Druckgefühl im Kopf
- Rötung und Schwellung der Augen
- Doppelbilder, Sehstörungen
- Neurologische Ausfälle, Krampfanfälle
- In schweren Fällen: Bewusstseinsstörungen oder Hirnblutung
dAVFs entstehen häufig durch Veränderungen im venösen Abfluss des Gehirns – etwa durch Thrombosen in den großen Hirnvenen. Auch Schädeloperationen, Unfälle oder entzündliche Prozesse können zur Bildung einer Fistel führen. In vielen Fällen bleibt die Ursache jedoch unklar.
Die wichtigste Untersuchung ist die digitale Subtraktionsangiographie (DSA). Sie zeigt präzise, über welche Arterien die Fistel versorgt wird, wie das Blut abfließt und ob ein gefährlicher Rückstrom besteht. In unserer Klinik wird diese Untersuchung minimalinvasiv und unter engmaschiger Überwachung durchgeführt.
Nicht jede dAVF muss sofort behandelt werden. Wenn jedoch ein Rückfluss in tiefe Hirnvenen besteht oder neurologische Symptome auftreten, ist eine Therapie dringend erforderlich.
Die endovaskuläre Embolisation ist die häufigste und effektivste Methode. Dabei wird über einen Mikrokatheter ein flüssiger Kleber (z. B. Onyx) in die Fistel eingebracht, um sie dauerhaft zu verschließen. In seltenen Fällen ist eine operative Durchtrennung notwendig – insbesondere wenn die Fistel für Katheter nicht zugänglich ist. Auch eine Radiochirurgie kann eine Option sein, wenn die Fistel klein und symptomatisch ist, aber nicht invasiv behandelt werden kann.
„Verräterische Ohrgeräusche. Kurzschluss zwischen Blutgefäßen kann gefährlich werden – Operation eine Option“ – Presseartikel aus der Nordsee-Zeitung (30.01.2024) mit Informationen von Chefarzt Dr. Phung zu Operationsmöglichkeiten
Therapie von Subduralhämatomen
Ein subdurales Hämatom ist eine Ansammlung von Blut zwischen der harten Hirnhaut (Dura mater) und der Gehirnoberfläche. In den meisten Fällen entsteht es durch das Einreißen kleiner Brückenvenen, die das Blut vom Gehirn in die Hirnhautvenen ableiten. Besonders häufig tritt diese Blutung bei älteren Menschen nach einem Sturz oder einem leichten Trauma auf – oft sogar ohne direkt erinnerbares Unfallereignis. Während akute subdurale Hämatome meist chirurgisch behandelt werden müssen, gibt es für sogenannte chronische subdurale Hämatome eine zunehmend etablierte, minimalinvasive Alternative: die endovaskuläre Embolisation der Arteria meningea media.
Chronische subdurale Hämatome entwickeln sich über Tage bis Wochen und verursachen oft schleichende Beschwerden. Häufige Symptome sind zunehmende Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, Gangunsicherheit, Lähmungen oder Sprachprobleme. Manche Betroffene wirken wie „geistig abwesend“ oder zeigen Wesensveränderungen. In schweren Fällen kann es zu Bewusstseinsstörungen oder epileptischen Anfällen kommen.
Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Patientinnen und Patienten mit blutverdünnenden Medikamenten, Alkoholabhängige oder Personen mit Hirnatrophie. Das Gehirn „schrumpft“ im Alter leicht, wodurch die Brückenvenen stärker gespannt sind und bei Erschütterung leichter reißen. In der Folge bildet sich ein Bluterguss, der sich durch Entzündungsprozesse weiter vergrößern kann. Dabei kommt es häufig zur wiederholten Nachblutung, die das Hämatom aktiv hält.
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Computertomographie (CT), in der das Hämatom deutlich sichtbar ist – typischerweise als halbmondförmige Blutansammlung entlang der Hirnoberfläche. In manchen Fällen ist zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) hilfreich, insbesondere zur Einschätzung der Chronizität und der Gewebereaktion. Entscheidend für die Behandlung ist die Frage, ob das Hämatom Druck auf das Gehirn ausübt und ob Symptome bestehen.
Traditionell wird ein chronisches subdurales Hämatom durch eine operative Bohrlochtrepanation behandelt, bei der über ein kleines Loch im Schädel das Blut abgelassen wird. Dieses Verfahren ist effektiv, hat aber bei älteren oder multimorbiden Patientinnen und Patienten gewisse Risiken. Zudem kommt es bei etwa 10 – 20 % der Fälle zu einem Rückfall, also einem Wiederauftreten des Hämatoms.
Hier setzt die endovaskuläre Therapie an: Über einen kleinen Zugang in der Leiste oder im Handgelenk wird ein Katheter zur Arteria meningea media vorgeschoben – das ist eine der Hirnhautarterien, die das Hämatom indirekt mit Blut versorgen. Über diesen Katheter wird ein flüssiges Embolisat (z.B. Onyx) in die kleinen, krankhaft veränderten Gefäße injiziert, die das Hämatom „am Leben halten“. Dadurch kommt es zum Verschluss dieser Gefäße, das Blut kann nicht mehr nachfließen, und das Hämatom kann sich in den folgenden Wochen auf natürlichem Weg zurückbilden.
Die Embolisation erfolgt unter Röntgendurchleuchtung und in örtlicher Betäubung mit leichter Sedierung. Der Eingriff dauert etwa 60 – 90 Minuten und ist sehr gut verträglich, auch für ältere und vorerkrankte Personen. Er kann entweder allein durchgeführt werden (bei nicht stark symptomatischen Hämatomen) oder ergänzend zur Operation, um Rückfälle zu verhindern.
Idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH)
Die idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH), auch als Pseudotumor cerebri bezeichnet, ist eine Erkrankung, bei der der Druck im Schädelinneren erhöht ist, ohne dass ein Tumor, eine Raumforderung oder ein Hydrozephalus vorliegt. Betroffene leiden häufig unter Kopfschmerzen, Sehstörungen und einem pulsierenden Geräusch im Ohr. Besonders häufig betroffen sind junge Frauen im gebärfähigen Alter mit Übergewicht.
Die genaue Ursache der idiopathischen intrakraniellen Hypertension ist bislang nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch mehrere Risikofaktoren, die die Entstehung begünstigen können:
- Übergewicht oder rasche Gewichtszunahme
- Hormonelle Faktoren, insbesondere bei Frauen im gebärfähigen Alter
- Bestimmte Medikamente, z.B. Tetrazykline, Vitamin-A-Präparate oder Kortisonpräparate
- Hormonelle Erkrankungen wie das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS)
In seltenen Fällen kann eine IIH auch bei Kindern oder Männern auftreten.
Die Diagnose der IIH erfolgt in mehreren Schritten:
1. Klinische Anamnese und körperliche Untersuchung
Typisch sind belastende Kopfschmerzen, häufig morgendlich betont, Sehstörungen oder ein rauschendes Geräusch im Ohr (pulsierender Tinnitus).
2. Augenärztliche Untersuchung
Ein Papillenödem (Schwellung des Sehnervenkopfs) kann durch eine Spiegelung des Augenhintergrunds nachgewiesen werden.
3. Bildgebung
Eine MRT des Kopfes mit Darstellung der venösen Hirngefäße (MR-Venographie) ist erforderlich, um andere Ursachen wie Thrombosen auszuschließen.
4. Lumbalpunktion
Durch eine Messung des Hirndrucks über den Rückenmarkskanal wird der erhöhte Druck bestätigt. Gleichzeitig kann Nervenwasser (Liquor) analysiert werden, um Entzündungen oder Infektionen auszuschließen.
Die Diagnose wird gestellt, wenn ein erhöhter Hirndruck vorliegt, ohne dass eine strukturelle Ursache gefunden wird.
Die Behandlung zielt darauf ab, den Hirndruck zu senken, die Symptome zu lindern und insbesondere die Sehkraft langfristig zu erhalten:
• Gewichtsreduktion
Eine nachhaltige Gewichtsabnahme kann den Hirndruck signifikant senken und die Prognose deutlich verbessern.
• Medikamentöse Therapie
Der Wirkstoff Acetazolamid reduziert die Produktion von Hirnwasser und hilft so, den Druck zu senken. Alternativen wie Topiramat werden bei Unverträglichkeit oder zusätzlichen Migränebeschwerden eingesetzt.
• Therapie der Sehstörung
Bei fortschreitendem Sehverlust können neurochirurgische oder neuroradiologische Eingriffe notwendig sein – zum Beispiel die Entlastung durch einen Liquorshunt oder eine interventionelle Entlastung der venösen Abflusswege.
• Interventionelle Therapie
In bestimmten Fällen kann eine Ballonvenoplastie oder Stentimplantation in die Hirnvenen sinnvoll sein, wenn Engstellen im venösen Abfluss (z.B. Sinus transversus) nachgewiesen werden.
Unsere Klinik vereint langjährige neuroradiologische, neurologische und neuropädiatrische Expertise unter einem Dach. Wir verfügen über eine spezialisierte Diagnostik einschließlich hochauflösender MRT- und MRV-Verfahren.
Unsere Abteilung bietet minimalinvasive, interventionelle Behandlungsoptionen, wenn medikamentöse Maßnahmen nicht ausreichen, einschließlich venöser Stentimplantation, die in spezialisierten Zentren wie dem unseren durchgeführt werden.
Die idiopathische intrakranielle Hypertension ist eine ernste, aber behandelbare Erkrankung. Wir begleiten Sie kompetent, individuell und umfassend auf dem Weg zu mehr Lebensqualität.
roter Pfeil: Hochgradige Einengung des Sinus transversus;
gelber Pfeil: Implantierter Stent im Sinus transversus;
grüner Pfeil: Gute Gefäßrekonstruktion. Nach Stentimplantation ist der ursprüngliche Gefäßdurchmesser wiederhergestellt.
Vaskuläre Malformationen und Tumorembolisation
Venöse Malformationen sind angeborene Gefäßfehlbildungen, die sich durch dauerhaft erweiterte, unregelmäßig verlaufende Venen auszeichnen. Sie wachsen langsam mit dem Körper mit und können je nach Lokalisation Schmerzen, Schwellungen, Blutungsneigung oder funktionelle Einschränkungen verursachen. Besonders häufig treten sie im Gesichtsbereich, am Hals oder an den Extremitäten auf.
Im Gegensatz zu Hämangiomen, die meist in den ersten Lebensjahren auftreten und sich teilweise zurückbilden, bleiben venöse Malformationen dauerhaft bestehen und benötigen oft eine gezielte Behandlung.
Venöse Malformationen entstehen durch Fehlentwicklungen des Gefäßsystems in der Embryonalzeit. Sie sind nicht vererblich und werden meist schon im Kindesalter diagnostiziert. Häufig zeigen sich die Symptome jedoch erst im Jugend- oder Erwachsenenalter, wenn die Malformation größer wird oder durch hormonelle Veränderungen, Infektionen oder Verletzungen aktiviert wird.
Ein erhöhtes Risiko besteht bei größeren Läsionen im Kopf-Hals-Bereich sowie bei seltenen genetischen Syndromen mit multiplen Gefäßveränderungen.
Die Diagnostik erfolgt in unserer Klinik durch eine Kombination aus:
- Klinischer Untersuchung
- Ultraschall mit Duplexsonografie
- Magnetresonanztomographie (MRT) mit Darstellung des Gefäßsystems
- Phlebographie oder MR-Phlebographie bei komplexeren Befunden
Dabei ist es entscheidend, die Malformation von anderen Gefäßtumoren abzugrenzen und die genaue Ausdehnung präzise zu beurteilen, insbesondere vor einem geplanten Eingriff.
Die wichtigste Behandlungsmethode ist die interventionelle Sklerotherapie. Dabei wird die Malformation gezielt punktiert und ein verödendes Medikament (z.B. Polidocanol oder Ethanol) eingebracht, das die Gefäßräume von innen verschließt. Der Eingriff erfolgt bildgesteuert unter Durchleuchtung oder Ultraschallkontrolle, meist in Sedierung oder in Narkose.
Je nach Ausdehnung sind mehrere Sitzungen notwendig, um die Malformation schrittweise zu reduzieren. Ziel ist nicht nur die kosmetische Verbesserung, sondern vor allem die Linderung von Beschwerden und das Verhindern von Blutungen oder Funktionseinschränkungen.
Glomustumoren (Paragangliome) und juvenile Nasenrachenfibrome (juvenile Angiofibrome) sind hochvaskularisierte Tumoren, die meist im Kopf-Hals-Bereich auftreten und von zahlreichen Blutgefäßen versorgt werden. Ohne Vorbehandlung besteht bei chirurgischer Entfernung ein hohes Risiko für starke Blutungen.
Zur Vorbereitung auf die Operation führen wir daher eine interventionelle Embolisation durch. Dabei werden die zuführenden Gefäße des Tumors gezielt mit feinen Kathetern aufgesucht und mit Mikropartikeln oder Flüssigkleber verschlossen, sodass der Tumor „ausgetrocknet“ wird. Der Eingriff erfolgt meist ein bis zwei Tage vor der Operation.
Ziel der Embolisation ist eine deutlich blutungsärmere, sicherere Operation und ein reduziertes Komplikationsrisiko für unsere Patientinnen und Patienten.
Unsere Klinik ist spezialisiert auf die interventionelle Behandlung komplexer Gefäßveränderungen und Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Wir arbeiten seit vielen Jahren eng und vertrauensvoll mit der HNO-Klinik unseres Hauses zusammen, die über eine herausragende operative Expertise bei seltenen Gefäßtumoren wie Glomustumoren und juvenilen Angiofibromen verfügt.
Durch diese enge interdisziplinäre Zusammenarbeit aus diagnostischer Radiologie, interventioneller Neuroradiologie und spezialisierter HNO-Chirurgie bieten wir unseren Patientinnen und Patienten eine individuelle und hochspezialisierte Therapie bei gleichzeitig kurzen Wegen und schneller Abstimmung.
Unsere gemeinsame Erfahrung ermöglicht eine besonders sichere Planung und Durchführung komplexer Eingriffe. Dabei steht die maximale Schonung von gesundem Gewebe ebenso im Fokus wie die funktionelle Erhaltung und kosmetisch bestmögliche Versorgung ganz besonders im empfindlichen Gesichtsbereich.
AnsprechpersonenDr. med. Timo Phung
Chefarzt
Dr. med. Timo Phung
Chefarzt
Kerstin Beutler / Sandra Wiemers
Chefarztsekretariat
Telefon 0471 299-3230
Fax 0471 299 3530
radiologie@klinikum-bremerhaven.de
SprechstundenNach Vereinbarung
Terminvereinbarung unter: 0471 299-3230
(Montag bis Freitag zwischen 08:00 – 15:00 Uhr)
Nach Vereinbarung
Terminvereinbarung unter: 0471 299-3230
(Montag bis Freitag zwischen 08:00 – 15:00 Uhr)

















